Die Filmstarts-Kritik zu A Haunting In Venice (2024)

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

3,0

solide

A Haunting In Venice

Im dritten Poirot ist viel anders – aber auch besser?

Von Markus Tschiedert

Ursprünglich sollte „Tod auf dem Nil“ schon Ende 2019 ins Kino kommen. Aber mit der Studioübernahme der 20th Century Fox durch Disney, der Corona-Pandemie sowie dem Skandal um SchauspielerArmie Hammer hätte man fast auf die Idee kommen können, dass womöglich ein Fluch auf der schließlich im Februar 2022 gestarteten Agatha-Christie-Adaption liegt. Nur glaubt ein uneingeschränkt der Logik verfallener Meisterdetektiv wie Hercule Poirot natürlich nicht an böse Geister - selbst wenn er es nun im dritten Teil der von Hauptdarsteller und RegisseurKenneth Branagh geprägten Kino-Krimi-Reihe ausgerechnet mit ebensolchen zu tun bekommt.

Bei „A Haunting In Venice“, basierend aufAgatha Christies 60. Roman „Hallowe'en Party“ alias „Die Schneewittchen-Party“, wollte Branagh nach „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ offensichtlich einiges anders machen. Das fängt schon damit an, dass er sich weit vom Originalstoff entfernt und dabei auch in okkulte Sphären vordringt, was seinem Film einen gewissen mystischen Anstrich verleiht. Zugleich scheint aber auch alles eine Nummer kleiner geworden zu sein, selbst wenn natürlich wieder in gewohnter Manier nach dem Whodunit-Prinzip Verdächtigte ausgeschlossen werden, bis am Ende schließlich der Täter oder die Täterin überführt wird. Das ist alles ganz gediegen erzählt, aber weitaus weniger spannend, als es der atmosphärisch dichte Einstieg andeutet.

Die Filmstarts-Kritik zu A Haunting In Venice (1)

Poirot (Kenneth Branagh) lässt sich von der Autorin Ariadne Oliver (Tina Fey) zur Teilnahme an einer Séance überreden.

Zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich Hercule Poirot (Kenneth Branagh) in Venedig zur Ruhe gesetzt. Neue Fälle interessieren ihn nicht mehr. Dennoch lässt er sich von der Romanautorin Ariadne Oliver (Tina Fey) dazu überreden, an einer nächtlichen Séance teilzunehmen. In einem alten Palazzo, wo die Seelen ermordeter Waisenkinder spuken sollen, finden sich noch weitere Gäste ein: darunter etwa Rowena Drake (Kelly Reilly), die den Verlust ihres eigenen Kindes betrauert, oder der apathisch wirkende Dr. Leslie Ferrier (Jamie Dornan), der mit seinem zwölfjährigen Sohn Leopold (Jude Hill) angereist ist. Geleitet wird die Spukveranstaltung von dem Medium Joyce Reynolds (Michelle Yeoh), die behauptet, mit Toten reden zu können.

Natürlich möchte Poirot sie zu gerne als Schwindlerin entlarven – und macht dem anfänglichen Hokuspokus dann auch tatsächlich schnell ein Ende. Aber just in dem Augenblick dreht Joyce so richtig durch und spricht plötzlich mit der Stimme eines Mädchens. Was geht vor sich? Das kann sich selbst Poirot nicht direkt erklären. Während er noch zweifelt und grübelt, versucht ihn jemand zu ertränken. Will da jemand den berühmten Meisterdetektiv ermorden? Offenbar nicht: Denn anscheinen galt der Anschlag jemand anderem, dessen Leiche wenig später gefunden wird - und so steckt Hercule Poirot plötzlich doch wieder mitten in einem neuen Fall...

Venedig – der perfekte Schauplatz für jede Schauermär

Der zuletzt als Physiker Niels Bohr in Christopher Nolans „Oppenheimer“ im Kino vertretene Kenneth Branagh spielt gerade zu Beginn von „A Haunting In Venice“ fleißig mit den Elementen des Schauerkinos. Von zuschlagenden Türen, wehenden Vorhängen, flackernden Lichtern und unheimlichen Geräuschen ist alles dabei, um eine wohlige Gruselstimmung heraufzubeschwören. Venedig, mit seinen unzähligen Gassen und düsteren Ecken ohnehin schon der perfekte Schauplatz für jeden Mystery-Plot, verleiht dem Ganzen zusätzlich einen morbiden Charme. Es ist durchaus nachvollziehbar, warum Branagh und sein bereits für die Vorgänger verantwortlicher DrehbuchautorMichael Green Agatha Christies Originalgeschichte aus einer englischen Grafschaft in die Lagunenstadt verlegt haben - zumal der Regisseur aus einem Fehler des Vorgängers gelernt hat.

Für „Tod auf dem Nil“ ließ er Ägyptens berühmte Wahrzeichen in Ansätzen im Studio nachbauen, um das Gros dann aber digital zu erzeugen. Das Ergebnis war eine zurecht viel kritisierte Künstlichkeit, die einen immer wieder aus der Krimi-Handlung riss. „A Haunting In Venice“ wurde nun wirklich größtenteils an Originalschauplätzen gedreht. Das macht einen gewaltigen Unterschied. Die Authentizität verstärkt die Atmosphäre. Es fällt gleich deutlich einfacher, sich von der Geschichte in ihren Bann ziehen zu lassen.

Die Filmstarts-Kritik zu A Haunting In Venice (2)

Venedig - eine perfekte Kulisse.

Dabei rücken Brangah und Kameramann Haris Zambarloukos, der zuletzt auch „Belfast“ fotografierte, die Sehenswürdigkeiten von Venedig wie den Markusdom oder den Canal Grande nur am Anfang und am Ende attraktiv ins Bild. Der Großteil des Films spielt dagegen in beengten Räumen. Waren „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ noch Reisefilme, in denen sich die zahlreichen Verdächtigen den bohrenden Fragen von Poirot stellen mussten, weil es aus dem Zug bzw. vom Schiff kein Entkommen gab, werden all die Auszufragenden dieses Mal von dem Meisterdetektiv mit ihm zusammen eingesperrt.

So wurde auch auf das imposante 70mm-Breitbildformat mit einem Seitenverhältnis von 2,39:1 der Vorgänger verzichtet und digital im Kino-Standard-Seitenverhältnis 1,85:1 gedreht. Die ganz großen Urlaubsbilder braucht es schließlich bei den vielen Innenräumen nicht. Das kleinere Format schafft eine manchmal richtig beunruhigende Enge in dem alten Palazzo, in welchem das Gros der Handlung spielt. Es verdeutlicht immer wieder die Klemme, in der sich die Beteiligten befinden.

Bühne frei für Hercule Poirot

Eine Nummer kleiner geht es auch beim Cast zu, wo das ganz große Star-Schaulaufen, welches gerade noch beim ersten Teil der Reihe so beeindruckte, diesmal ausbleibt. Die frischgebackene Oscar-Preisträgerin Michelle Yeoh („Everything Everywhere All At Once“) hat als größter Star eine überraschend kleine Rolle. Komikerin Tina Fey („30 Rock“) bleibt in einem ernsten Part als neugierige Autorin genauso blass wie „Fifty Shades Of Grey“-Star Jamie Dornan – der mimt hier übrigens schon zum zweiten Mal nach Branaghs autobiografisch geprägtem „Belfast“ den Vater von Jude Hill.

Im Bereich Schauspiel gehört das Feld hier deshalb so deutlich wie in noch keinem Teil der Reihe ganz Branagh selbst. Als preziöser Poirot ist er der unumstrittene Star – erst recht, nachdem es zum Mord gekommen ist und er mit seinen Verhören beginnt. In üblicher Genre-Manier werden dabei alle unter die Lupe genommen. Es kommen weitere Geheimnisse auf den Tisch, Verzweiflungstaten folgen, Ausreden und Tricks werden kreiert. Natürlich werden alle Lügen von Poirot schnell entlarvt. So entwickelt sich der übliche Schlagabtausch, der ganz vergnüglich ist, aber nie wirklich packt. Im Zweifel ist dann alles doch eher zu theatralisch, als das überhaupt versucht wird, es glaubhaft zu erden. Und die Auflösung haut einen am Ende auch nicht mehr vom Hocker.

Fazit: Venedig ist als schauriger Tatort zwar so perfekt gewählt, dass tatsächlich eine wohlige Gruselstimmung aufkommt, der man sich gern hingibt. Aber sobald sich Branagh als Poirot mit der Aufklärung des Falls beschäftigt, tritt ein gewisser Stillstand ein. Ein gediegener Krimi vor toller Kulisse - viel mehr sollte man sich von „A Haunting In Venice“ nicht erwarten.

Die Filmstarts-Kritik zu A Haunting In Venice (3)

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FAQs

What mystery movie is set in Venice? ›

"A Haunting in Venice" is set in eerie, post-World War II Venice on All Hallows' Eve and is a terrifying mystery featuring the return of the celebrated sleuth, Hercule Poirot.

Is A Haunting in Venice worth the watch? ›

you'll probably solve the mystery faster than Poirot. Fresh score. A captivating whodunit boosted by an evocative setting and stellar cast performances, it is a cinematic experience that not only keeps viewers guessing until the very end, but also leaves us haunted by its themes long after the credits roll.

Which Agatha Christie book is A Haunting in Venice based on? ›

The unsettling supernatural thriller opened in cinemas September 15 2023. Inspired by the novel Hallowe'en Party, and directed by and starring Oscar® winner Kenneth Branagh as famed detective Hercule Poirot.

Where is A Haunting in Venice being filmed? ›

Most of the action in A Haunting in Venice takes place in the murky, canalside palazzo owned by tragic singer Rowena Drake. Although this looks the part in every way, it is in fact 100 per cent stage set, constructed from scratch at Pinewood Studios in Buckinghamshire, UK.

Are Death on the Nile and A Haunting in Venice related? ›

It serves as a sequel to Death on the Nile (2022) and is the third film in which Branagh stars as the Belgian detective Hercule Poirot. The ensemble cast includes Kyle Allen, Camille Cottin, Jamie Dornan, Tina Fey, Jude Hill, Ali Khan, Emma Laird, Kelly Reilly, Riccardo Scamarcio, and Michelle Yeoh.

Are the ghosts real in A Haunting in Venice? ›

Indeed, all the typical ghost fare turns out to be a sham, and indeed, Poirot can rationally chalk the mystic visions he had in the house to hallucinogenic honey. But he still submits that it was his subconscious that pieced together facts that manifested in the supposedly prescient specters he saw.

Is Haunting in Venice based on a true story? ›

While the location, Venice, is a real place, the 2023 supernatural mystery movie is based on a fictional story. What is A Haunting in Venice about? The events go down in the World War II aftermath and see Poirot joining a séance at a haunted palazzo in Venice.

Is Johnny Depp in A Haunting in Venice? ›

Perhaps best of all, Branagh didn't cast anyone who was in The Lone Ranger this time around, as the presence of Johnny Depp and Armie Hammer, all too accurately cast as men of low character, made the other two films more than a bit uncomfortable.

Who is the killer in A Haunting in Venice? ›

Rowena is one of two murderers in “Party,” but in “Venice” she is the big bad. At the end of the film, we learn that Rowena had slowly poisoned Alicia to keep her feeble and childlike and prevent her daughter from leaving home and getting married.

Why is A Haunting in Venice so different from the book? ›

A Haunting in Venice is a departure from the source material, with only character names, some settings, and the murders being transferred to the screen. The changes in the adaptation elevate the original story, adding twists and turns to keep the audience guessing.

Is there going to be a sequel to A Haunting in Venice? ›

Moreover, it seems unlikely a proper sequel will happen as director Kenneth Branagh wants to adapt the Agatha Christie books in the form of an anthology film series, wherein there would be new installments or follow-ups which would be entirely new stories and not continuations of previous stories.

How close to the book is A Haunting in Venice? ›

A Haunting in Venice draws inspiration from the original novel, but will diverge significantly when it comes to plot. It's not set in one of Christie's classic English villages, but in post–World War II Venice.

Is A Haunting in Venice demonic? ›

Set in postwar Europe, the film has no gore, no demons, no bloodied teenagers. Instead, we get crumbling Italian palazzos, fleeting apparitions, and some surprisingly sophisticated themes.

What happened to the bird in Haunting in Venice? ›

The pet bird does not die! You see it, barely, peeking out of a covered birdcage, on its way to a new home at the end.

Who is Dr Ferrier in The Haunting in Venice? ›

Children. Dr. Leslie Ferrier is a character featured in the 2023 film A Haunting in Venice, based on the 1969 novel "Hallowe'en Party" by Agatha Christie. He is portrayed by Irish actor Jamie Dornan.

What Hallmark movie is set in Venice? ›

Very Venice Romance." Learn more about the original Hallmark Channel movie “A… Very Venice Romance,” starring Stephanie Leonidas and Raniero Monaco Di Lapio.

Is the movie The Venice Murders a true story? ›

The whole story is farcical and the acting is terrible. Considering it's supposed to be based on a true story, it's far from being realistic. The scenery is the best part and shows Venice off as the most beautiful city that it is. But so much of the story is wooden from start to finish.

Which Poirot story is set in Venice? ›

In post-World War II Venice, Poirot, now retired and living in his own exile, reluctantly attends a seance. But when one of the guests is murdered, it is up to the former detective to once a...

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